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AutorenbildJulian Maly

Wirklich nur 4 Tage?

Ich bin seit jeher ein Fan von Fokus. Überlegungen, Brainstormings, Entscheidungen und Projektumsetzung in die Länge zu ziehen, steht nicht nur konträr zu meiner persönlichen Leidenschaft für Ergebnisse, sondern kann mich manchmal ganz schön auf die Palme bringen. Ich mag es, fokussiert zu arbeiten und To-Dos "abzuschließen". Da habe ich das Gefühl, etwas geschafft zu haben. Ich habe auch nie den Sinn fixer Arbeitszeiten (mit Ausnahmen in notwendigen Berufsfeldern) verstanden. Nicht nur, dass Menschen unterschiedliche Biorhythmen haben, viele Aufgabengebiete und einzelne Tasks erfordern zeitliche Flexibilität (arbeiten, wenn die Arbeit anfällt). Noch weniger konnte ich das "Absitzen" von Stunden in Büros nachvollziehen, insb. angesichts der persönlichen Opportunitätskosten. Als in den letzten Jahren flexible Arbeitszeitmodelle, örtliche Unabhängigkeit und Selbstorganisation immer stärker dem Zeitgeist entsprachen, war es eine Freude, viele meiner Ideen diesbezüglich umsetzen zu können. Positiver Nebeneffekt war, dass Mitarbeiter mit Potenzial zu eigenverantwortlichem Arbeiten sich von Hybrid Working Models stärker angesprochen fühlen. So weit, so erfolgreich.


Mit der Etablierung meiner eigenen "Marke" und der neu gewonnen Freiheit wollte ich unbedingt auch das Modell der 4-Tage-Woche für meine Mitarbeiter ausprobieren, das in vielen Best Practices als heiliger Gral der Produktivitätssteigerung beschworen wurde. Hier ein erstes Resümee meiner persönlichen Erfahrungen damit als Führungskraft und Unternehmer in den letzten Monaten.


Unsere 4-Tage-Woche

Da die konkrete Ausgestaltung einer 4-Tage-Woche von Fallbeispiel zu Fallbeispiel recht unterschiedlich ist, möchte ich kurz unsere Konfiguration beschreiben: Meine Mitarbeiter arbeiten derzeit 36 Wochenstunden, die auf 4 Tage aufgeteilt werden. Davon werden im Durchrechnungszeitraum von 2 Monaten 40% remote gearbeitet, 60% in Präsenz in unserem Büro. Dies deswegen, weil wir gewisse Tasks nur vor Ort machen und Zeit für persönliches Teamwork haben möchten. Der fünfte Tag ist grundsätzlich individuell frei. Es gab im Gegenzug zur Arbeitszeitreduktion keine Gehaltsanpassung. Wir dokumentieren unsere Arbeitszeiten nicht (Vertrauen). Ich als Unternehmer arbeite ohnehin entkoppelt von jedem Zeitmodell.


Welche Vorteile konnte ich beobachten?

- Attraktivität am Arbeitsmarkt bei der Rekrutierung von Potenzialträgern

- Weniger "Gequatsche" und mehr Umsetzung (Fokus)

- Bereinigung der Prozesslandschaft auf Notwendiges

- Reduktion der bereitzustellenden Office-Ressourcen (Kostenthema)

- Höhere Zufriedenheit meiner Mitarbeiter bei Anwesenheit im Büro ("geistige Frische")


Welche Herausforderungen konnte ich beobachten?

- Abstimmungsbedarf in der Einteilung der Arbeitstage (wann arbeitet wer von wo?)

- Aufwand, Missverständnisse zu vermeiden (meine Vorgabe war, es muss immer jemand im Büro sein - wurde aufgrund von Unachtsamkeit nicht immer eingehalten) -> Tipp: Jeder hat einen fixen freien Wochentag!

- Höherer Bedarf an Übergabeprozessen bzw. einmalige Notwendigkeit, Schnittstellen zu auszudiskutieren und zu standardisieren

- Schwierigkeit, die Aufgaben so einzuteilen, dass sie nicht nur innerhalb der 4 Arbeitstage bewältigt werden, sondern auch IN TIME erledigt werden


Resümee

Ich konnte tatsächlich keinen Rückgang des Outputs feststellen. Ob tatsächlich insgesamt mehr geleistet wurde, kann ich aufgrund der fehlenden Messparameter aber auch nicht sagen. Ich tendiere dazu, eine leichte Verbesserung der Arbeitsqualität in Hinblick auf Genauigkeit, Kreativität und Ergebnisorientierung zu attestieren. Die beiden größten Vorteile liegen aus meiner Sicht in einem mehr an Freizeit für den einzelnen Mitarbeiter sowie der Einsparung von Office-Ressourcen (weniger Platz notwendig, weil bei weniger Anwesenheit auch fokussierter auf kleinerem Raum gearbeitet werden kann). Ersteres hilft enorm dabei, auf einem angespannten Bewerbermarkt Talente an Bord zu holen und zu halten, zweiteres hat für mich bis dato bereits feststellbare Einsparungen gebracht (ein Büroraum weniger notwendig). Somit überwiegen für mich als Unternehmer absolut die Vorteile.


Feedback meiner Mitarbeiter

Das Feedback meiner Mitarbeiter war durchgängig positiv, auch wenn es anfangs teilweise schwer fiel, die eigenen Grenzen und die Freizeit der anderen auch einzuhalten. Insb. in puncto Wegzeiten (Wohnsitz-Büro) wurde die Reduktion der Arbeitstage sehr geschätzt. Ein wesentlicher Vorteil liegt (insb. für jüngere Generationen) in der Möglichkeit, die Wochenenden flexibler zu gestalten (z.B. Kurzurlaube, Familienbesuche etc.).


Welche Voraussetzungen sind zu beachten?

- Das Modell ist bei weitem nicht für jeden Menschen geeignet und erfordert bei der Auswahl der Mitarbeiter und der Teamzusammenstellung drauf zu achten, dass die entsprechenden Kompetenzen vorhanden sind: Selbstorganisation, Flexibilität, "Arbeitstempo" und Konzentrationsfähigkeit

- Die aktive Begleitung durch die Führungskraft ist essentiell; ich habe viel Zeit in die Adaptierung von Prozessen, Schnittstellen und vor allem die Entwicklung gegenseitigen Verständnisses und Akzeptanz investiert (freier Tag ist freier Tag - außer in Notfällen).

- Das Modell erfordert insb. in Bereichen mit zeitkritischen Projekten ein erhöhtes Niveau an Planungsfähigkeit und vorausschauenden Handelns.

- Dass wir als kleines Unternehmen mit junger Teamstruktur ein Paradebeispiel und prädestiniert für eine 4-Tage-Woche sind, ist ebenfalls klar - in größeren, heterogeneren Strukturen gibt es neben den rechtlichen Themen auf jeden Fall noch viele andere Herausforderungen zu meistern.




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