Unschlüssig und gleichzeitig erfreut las ich in meinem neuen Arbeitsvertrag den Zusatz “40% Remote-Working". Als “Neuling” in diesem Bereich kam mir direkt die Frage in den Kopf: “Wie setze ich das bloß um?” Jetzt nach einigen Arbeitswochen habe ich gemerkt, dass das jeder für sich selbst erkennen und mit Leben erfüllen muss. Für mich persönlich bedeutet diese Arbeitsform vor allem Selbstbestimmung. Ich genieße die Flexibilität und die Möglichkeit, mein Zeitmanagement und die Work-Life-Balance nach meinen Bedürfnissen auszurichten, egal ob es dabei um einen Besuch in der Heimat, die Lebensmittellieferung in der Mittagspause oder den Pilates-Kurs um 7 Uhr in der Früh geht. Durch offene Kommunikation, eine klare Organisation sowie gegenseitiges Vertrauen und Wertschätzung büßt in meinem Fall die Arbeitsleistung nicht an Qualität ein, sondern wird meiner Meinung nach noch gesteigert.
Doch zunächst einmal auf Anfang: Dass sich das Arbeiten seit der Corona-Krise stark verändert hat, ist klar. Wir arbeiten nicht wie vorher! Aber was von diesen Veränderungen bleibt langfristig und wo wird es eine Gegenbewegung geben? Immer häufiger ist von Begriffen wie “New Work” die Rede. Der Hauptbestandteil dieser Entwicklungen ist stets derselbe: die Veränderung weg von den starren 9-to-5-Präsenzkulturen, die sich seit so vielen Jahrzehnten in unserer Gesellschaft Standard sind.
Wie bekannt ist, konnten infolge der weitreichenden Kontaktbegrenzungen die Mehrheit der Mitarbeiter nicht in ihrer gewohnten Büroumgebung arbeiten und waren dazu gezwungen, stattdessen von zu Hause aus zuarbeiten. Letztendlich war diese Entwicklung der Anstoß für einen nicht für möglich gehaltenen Fortschritt in der Arbeitswelt, der ohne Corona erst viel später denkbar gewesen wäre. Denn wie so oft erfolgen Veränderungen langsamer, wenn der Druck fehlt. Dadurch, dass in diesem Fall eine schnelle Entwicklung unabdingbar war, entwickelte sich das Remote-Working von der Not- zur Dauerlösung. Die Entscheidung, Mitarbeiter aus der Ferne oder in einem Büro arbeiten zu lassen, liegt zwar immer noch weitgehend bei den einzelnen Unternehmen und hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab, wie beispielsweise der Art der geleisteten Arbeit und den Fortschrittlichkeit des Arbeitgebers, jedoch haben in den letzten Jahren die Mehrzahl von Unternehmen Remote-Arbeit als eine Möglichkeit zur Verbesserung der Produktivität und zur Gewinnung und Bindung von Arbeitnehmern angenommen. Ein weiterer Vorteil ist klar die dazugewonnene Flexibilität des ortsunabhängigen Arbeitens, sowie die Autonomie und die beidseitigen Kosten- und Zeiteinsparungen. Zusätzlich lässt sich die persönliche Work-Life-Balance dauerhaft verbessern, was der Mehrzahl von Angestellten heutzutage immer wichtiger wird.
Aber auch die Herausforderungen und Nachteile dieser mehr oder weniger neuen Arbeitsform dürfen nicht außer Acht gelassen werden. Das oft nicht vorhandene Teamgefühl unter Arbeitskollegen und die fast ausschließlich virtuelle Kommunikation kann zu Missverständnissen und negativen zwischenmenschlichen Dynamiken führen. Außerdem bildet sich auf Dauer ein Potenzial für Isolation und Einsamkeit jedes Einzelnen. Auch passiert es schnell, dass die Grenze zwischen Arbeit und Privatleben unbewusst verschwimmt und sich negativ auf die körperliche sowie mentale Gesundheit auswirkt.
Demnach kann man klare Voraussetzungen für ein erfolgreiches Remote-Work zusammenfassen: Einer der wichtigsten Punkte ist dabei das Vertrauen und eine stringente Haltung der Führungskräfte, beginnend beim C-Level. Neben einer gut funktionierenden Kommunikation müssen genauso eine solide technische Infrastruktur und passende Rahmenbedingungen gegeben sein. Nicht zuletzt spielt auch die Persönlichkeit der jeweiligen Person eine große Rolle beim individuellen Umgang mit Remote-Working. Einige Mitarbeiter bevorzugen das Büroumfeld, um wirklich effektiv arbeiten zu können, denn neben einem guten Zeitmanagement und gleichbleibender Gewissenhaftigkeit muss auch ein klares Mindset gegeben sein.
Auch im Recruiting ist die Thematik des Remote-Workings ein zentraler Faktor, der immer deutlicher an Gewichtung zunimmt. Dieses Arbeits-Modell wird als ein neuer Standard und somit auch oft als selbstverständlich angesehen - insbesondere von Nachwuchskräften, die noch nie in einer Büroumgebung gearbeitet haben. Für Unternehmen heißt das konkret, dass sie - wenn sie heutzutage zukunfts- und wettbewerbsfähig bleiben wollen - flexible Arbeitsformen akzeptieren müssen. Wer da kein attraktives Angbot hat, muss das potentiellen Mitarbeitern gegenüber schon sehr gut begründen. Zusätzlich hat die Pandemie deutlich gezeigt, dass Unternehmen im allgemeinen Aufbau und vor allem bei ihren internen Prozessen flexibler und anpassungsfähiger sein müssen, um angesichts unerwarteter Herausforderungen effektiv weiter arbeiten zu können.
Letztendlich ist es wichtig, den Wert von Remote- und In-Office-Arbeit zu erkennen und die beste Option für jeden Einzelnen und jede Situation zu wählen. Sehr wahrscheinlich ist es, dass eine Mischung aus Remote- und In-Office-Arbeit zur langfristigen Norm wird. Als ein gut funktionierender Kompromiss, auf welchen bereits viele Unternehmen umgestiegen sind, hat sich das sogenannte Hybrid-Working-Modell herausgestellt. Dabei handelt es sich um eine Symbiose vom klassischen In-Office-Arbeiten und Remote-Working. Das Positive aus beiden Welten kann dabei optimal miteinander kombiniert werden und stellt ein gesundes Maß an Abwechslung für den Arbeitnehmer dar.
Ich für mich kann sagen, dass ich die Möglichkeit des Remote-Workings sehr schätze, mich aber trotzdem jedes Mal am Abend vor eines Office-Tages auf mein Arbeitsteam und das Büro freue!
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