top of page
AutorenbildJulian Maly

Loyalität ist keine Einbahnstraße

Loyalität steht in der Personalauswahl als Kriterium vor allem in Zeiten steigender Wechselfrequenzen hoch im Kurs. Doch Loyalität ist nie absolut und auch wenn ihre Ausprägung stark von der individuellen Persönlichkeitsstruktur beeinflusst ist, spielen die jeweiligen Umstände im Unternehmen eine gewichtige Rolle.

Die Powerphrase "Loyalität" treffen wir beinahe in jedem Anforderungsprofil an. Gemeint ist damit zumeist ein Sammelsurium an Verhaltensweisen die zum Ausdruck bringen, dass Mitarbeiter sich mit ihrem Arbeitgeber identifizieren und in beruflichem und privatem Kontext eine positive Einstellung zur Employer Brand leben. Doch Loyalität ist keine Einbahnstraße. Immer wieder hören wir bei Recruiting Interviews, dass trotz zum Teil hoher Resilienz letztlich die Summe an Enttäuschungen auf Mitarbeiterseite überwiegt.


Was bedeutet Loyalität?

Loyalität umfasst mehr als nur ein korrektes Verhalten oder die Einhaltung von Regeln. Sie bedeutet, dass Mitarbeiter hinter den Zielen und Werten eines Unternehmens stehen und sich mit dessen Erfolg identifizieren. Doch diese Haltung kann nur entstehen, wenn sie auf Gegenseitigkeit beruht: Loyalität des Arbeitgebers bedeutet, für die Mitarbeitenden einzustehen, ihnen Perspektiven zu bieten und sie als wertvolle Individuen zu behandeln. Dabei darf jedoch nicht vergessen werden, dass Loyalität nie absolut sein kann. Sie wird immer auch von den Umständen beeinflusst – sei es durch Veränderungen im persönlichen Leben, wirtschaftliche Entwicklungen oder die Unternehmenskultur.


Ein blinder Fleck oder bewusste Ignoranz?

Viele Unternehmen erwarten von ihren Mitarbeitern eine nahezu bedingungslose Loyalität, ohne selbst das gleiche Maß an Engagement zu zeigen. Fehlende Wertschätzung, stagnierende Karrierechancen oder das Ignorieren individueller Bedürfnisse führen jedoch dazu, dass Mitarbeiter sich entfremden und nach Alternativen suchen. Die Folge sind hohe Fluktuationsraten, sinkende Produktivität und steigende Rekrutierungskosten. Im Headhunting treffen wir nicht selten auf Kandidaten, die von Unternehmen enttäuscht sind, weil diese bei den ersten Anzeichen persönlicher Krisen sofort an eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses denken. Solche Erfahrungen hinterlassen nicht nur einen bitteren Nachgeschmack, sondern beeinflussen auch die Wahrnehmung des Unternehmens auf dem Arbeitsmarkt nachhaltig negativ.


Loyalität zeigt sich in der Krise

Krisenzeiten sind der ultimative Test – sowohl auf Seiten der Mitarbeiter als auch der Unternehmen. Doch gerade Arbeitgeber stehen hier in der Verantwortung, ein Zeichen der Solidarität zu setzen. Letztlich ist dies schon aus Eigeninteresse sinnvoll.


Wirtschaftliche Krisen: In wirtschaftlich schwierigen Zeiten wie einer Rezession oder einem plötzlichen Markteinbruch zeigt sich Loyalität darin, Arbeitsplätze zu sichern, auch wenn dies kurzfristig finanzielle Herausforderungen bedeutet. Unternehmen, die kreative Lösungen wie Kurzarbeit, interne Umstrukturierungen oder Fortbildungsprogramme nutzen, anstatt Mitarbeitende direkt zu entlassen, beweisen langfristige Weitsicht und Wertschätzung.


Persönliche Krisen: Individuelle Herausforderungen wie Krankheit, familiäre Probleme oder andere persönliche Belastungen erfordern ebenfalls Unterstützung durch den Arbeitgeber. Flexible Arbeitszeitmodelle, bezahlte Freistellungen oder psychologische Unterstützungsangebote sind nur einige der Möglichkeiten, wie Unternehmen ihren Mitarbeitenden in schweren Zeiten beistehen können. Mitunter ist es auch einfach ein bisschen mehr Verständnis im Daily Business oder das offene Ohr einer Führungskraft. Diese Gesten bleiben lange in Erinnerung und fördern eine tiefe Bindung.


Ein Klima der Stabilität schaffen

Gerade in unsicheren Zeiten suchen Mitarbeitende nach Orientierung und Zuverlässigkeit. Eine offene Kommunikation über die Unternehmenslage, klare Perspektiven und das Gefühl, Teil einer gemeinsamen Anstrengung zu sein, stärken das Vertrauen und die Loyalität. Führungskräfte spielen dabei eine zentrale Rolle. Durch authentisches Verhalten, Einfühlungsvermögen und klare Kommunikation können sie ein Umfeld schaffen, in dem Loyalität gedeihen kann.


Letztlich liegt die Schaffung einer entsprechenden Unternehmenskultur in der Verantwortung des Top Managements. Sie ist das Ergebnis einer bewussten Entscheidung der Geschäftsführung, diese Werte vorzuleben und in die DNA des Unternehmens einzuweben.


Loyalität als strategischer Wettbewerbsvorteil

Unternehmen, die Loyalität als wechselseitigen Prozess verstehen, profitieren auf vielfältige Weise. Mitarbeiter, die sich wertgeschätzt fühlen, sind produktiver, innovativer und seltener bereit, den Arbeitgeber zu wechseln. Zudem verbessern sich die Arbeitgebermarke und die Chance, Top-Talente zu gewinnen. In einer Welt, in der der Arbeitsmarkt zunehmend dynamischer wird und Mitarbeiter mehr Wert auf Flexibilität und Sinnhaftigkeit legen, ist gegenseitige Loyalität wichtiger denn je.


Unternehmen, die erkennen, dass Loyalität keine Einbahnstraße ist, legen den Grundstein für eine erfolgreiche und nachhaltige Zusammenarbeit. Gerade in Krisenzeiten zeigt sich, wie stark das Fundament dieser Partnerschaft wirklich ist. Unternehmen, die Verantwortung übernehmen und in schwierigen Zeiten für ihre Mitarbeitenden einstehen, gewinnen nicht nur Loyalität – sie schaffen eine Unternehmenskultur, die auch in stürmischen Zeiten Bestand hat.


Selbstverständlich muss man sich als Unternehmen diese Entscheidungen auch wirtschaftlich leisten können. Die größte Enttäuschung entsteht allerdings, wenn das Gefühl vorherrscht, dass in prosperierenden Zeiten Loyalität erwartet und in Krisenzeiten vice versa - trotz der grundsätzlichen wirtschaftlichen Möglichkeiten dazu - nicht zurückgegeben wird.



Comments


bottom of page