Viele Menschen mit hohen Ambitionen, sind davon getrieben, vor allem besonders schnell voranzukommen. Verständlich. Wir erleben allerdings häufig, dass Ungeduld in Karrierefragen kein guter Ratgeber ist und häufig zu falschen Entscheidungen führt.
Ungeduld als Karrierekiller
Der Drang, sich laufend neu zu positionieren oder eine vermeintlich bessere Chance ohne sorgfältige Validierung zu ergreifen führt nicht nur zu einer hohen Wechselfrequenz, sondern schadet den persönlichen Zielen langfristig womöglich irreversibel. In der Praxis zeigt sich, dass Fähigkeiten nicht ausreichend gefestigt werden oder ein falsches Bild über die eigenen Stärken und Schwächen entsteht. Wer den repetitiven und oft mühsamen Lernprozess vorschnell überspringt, übersieht häufig die entscheidenden Schritte für eine nachhaltige und erfüllende Karriere.
Von der Pike auf ... oder wie war das?
Geduld ist ein oft unterschätzter, aber wesentlicher Faktor für den Erfolg in der Karriere. Statt darauf zu hoffen, dass der nächste Karriereschritt bereits vor der Türe steht, ist es zielführender, sich auf die kontinuierliche Entwicklung der eigenen Fähigkeiten und Erfahrungen zu konzentrieren. Eine fundierte berufliche Entwicklung erfordert Zeit, um sowohl fachlich als auch persönlich zu wachsen. In dieser Zeit können wertvolle Netzwerke aufgebaut, tiefgehende Fachkenntnisse erlangt und Erfahrungen gesammelt werden, die in einer späteren Position von unschätzbarem Wert sind. Nicht umsonst gibt es das Sprichwort, man hat etwas "von der Pike auf" gelernt. Darüber hinaus macht das Bewusstsein, warum man bestimmte Schritte in der Karriere gehen möchte, so manchen davon obsolet.
Ungeduld als Triebfeder: Wenn der Drang nach Veränderung den richtigen Impuls gibt
Selbstverständlich kann Ungeduld auch eine wichtige Triebfeder für Veränderung und Fortschritt sein. In einigen Fällen ist es diese Ungeduld, die dazu führt, dass wir uns aus der Komfortzone herausbewegen und nach neuen, spannenden Herausforderungen suchen. Besonders in dynamischen, sich schnell verändernden Branchen oder für Menschen, die trotz Gegenmaßnahmen längerfristig unzufrieden sind, empfiehlt sich eine aktive Neuorientierung.
Die Herausforderung liegt darin, die Balance zu finden: Ungeduld kann als Katalysator für Veränderung und Weiterentwicklung dienen, wenn sie richtig kanalisiert wird. Es ist jedoch entscheidend, diese inneren Ungeduld nicht ohne ausreichende Reflexion in die nächste Entscheidung zu lenken.
Die 3-Jahres-Regel
Ein ungeschriebenes Gesetz besagt, dass ein echter Beitrag zum Unternehmenserfolg in der Regel erst ab dem dritten Jahr in einer Position möglich ist.
Das erste Jahr dient vor allem der Eingewöhnung: Neue Mitarbeiter müssen sich in das Unternehmen integrieren, Netzwerke kennenlernen, sich in den spezifischen Aufgabenbereich einarbeiten, die Arbeitsweise verstehen und sich mit den internen Prozessen vertraut machen. In dieser Zeit ist es wichtig, ein solides Fundament zu schaffen, auch wenn noch keine großen, sichtbaren Impulse gesetzt werden können.
Im zweiten Jahr, wenn die Basis zunehmend "leicht von der Hand geht" und ein tieferes Verständnis für das Unternehmen, das Geschäftsumfeld und seine Anforderungen entwickelt wurde, ist der Moment gekommen, in dem die erste wirkliche Leistungssteigerung stattfinden kann. Hier beginnen viele, ihre Rolle souverän auszufüllen, Prozesse zu optimieren und den ersten echten Mehrwert zu liefern.
Ab dem dritten Jahr, wenn das eigene Standing im Unternehmenskontext tatsächlich gefestigt wurde, sind positive Impulse abseits von Aktionismus zu erwarten, die über die täglichen Aufgaben hinausgehen – sei es durch innovative Ideen, neue Strategien oder durch die Übernahme von zusätzlicher Verantwortung.
Die Lebensarbeitszeit: Fast or Heahlty?
Ein weiterer Aspekt, der oft zu wenig Beachtung findet, ist die Lebensarbeitszeit. Young Professionals mit einigen Jahren Berufserfahrung werden aus heutiger Sicht noch bis zu 50 Jahre als Leistungsträger verbringen. Diese lange Zeitspanne erfordert eine sorgfältige Planung und eine ausgeglichene Herangehensweise. Wer sich zu sehr unter Druck setzt, schnell aufzusteigen, riskiert, dass der berufliche Erfolg auf Kosten der physischen und mentalen Ressourcen geht. Die ständige Jagd nach neuen Zielen und Positionen ohne ausreichende Erholungsphasen führt letztlich zu Erschöpfung, Unzufriedenheit, Demotivation und Sinnkrisen.
Wer sich bewusst Zeit nimmt, hat obendrein die realistische Chance, über die Jahre hinweg in seinem Beruf zu wachsen, ohne die eigene Lebensqualität zu gefährden und wesentliche private Lebensphasen retrospektiv nicht ausreichend erlebt zu haben.
In den richtigen Momenten mit der notwendigen Vorbereitung Opportunitys zu ergreifen setzt voraus, seine Ziele genauso wie seine Red Flags zu kennen. Darin liegt neben vielen anderen Aspekten der Schlüssel zu einem erfüllten Arbeitsleben. Letztlich sind die meisten hocherfolgreichen Karrieren kein Sprint, sondern ein Marathon.
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