Warum die Arbeitslosigkeit steigt und trotzdem Fachkräfte fehlen
Der Arbeitsmarkt im deutschsprachigen Raum steht vor einem Paradox: Während die Arbeitslosigkeit zunimmt, kämpfen Unternehmen händeringend darum, Schlüsselpositionen mit qualifizierten Fachkräften zu besetzen. Diese Entwicklung ist für uns als Headhunter tägliche Realität – wir erleben hautnah, wie schwer es ist, passende Kandidaten für eine Stelle zu finden, obwohl es gleichzeitig eine zunehmende Zahl an aktiven Bewerbungen gibt.
Technologischer Wandel
Im deutschsprachigen Raum erleben wir etwas zeitversetzt zu anderen Weltregionen eine technologische Transformation. Während Automatisierung und Digitalisierung immer stärkere Effizienzgewinne bringen, suchen Unternehmen nach Experten, die diese Transformation gestalten und Mitarbeitern, die sie zumindest mittragen. Auch wenn Unternehmen stellen nicht gänzlich streichen, so wandeln sich doch die Anforderungen im Daily Business dramatisch.
Das Problem liegt in der (Weiter-)Qualifikation
Ein erheblicher Teil arbeitssuchender Menschen bringen einen Teil der neuen Anforderungen (noch) nicht mit, die für die vakanten Stellen benötigt werden. Hier zeigt sich ein klassischer „Mismatch“. Für Unternehmen ist es immer noch schwierig, einzuschätzen, mit welchem Erfolg und in welcher zeitlichen Tangente diese Defizite nachgeschult werden können.
Die Demografie und der Kampf um Talente
Der demografische Wandel ist ein weiterer Schlüsselfaktor. Diese Entwicklung spüren wir besonders in technischen und handwerklichen Berufen sowie im Health Care Bereich. Zusätzlich verschärft die Verschiebung der Prioritäten neuer Generationen das Thema. Insb. jene Fachkräfte, die sehr gefragt sind, legen mehr Wert auf Work-Life-Balance, flexible Arbeitszeiten und eine sinnstiftende Tätigkeit, als auf ein klassisches Karriereverständnis. Das zwingt Unternehmen, sich im „War for Talents“ neu zu positionieren – und macht unsere Arbeit als Headhunter umso spannender.
Regionale Ungleichgewichte
Ein weiteres Phänomen, das wir beobachten, ist die regionale Ungleichheit. In den Ballungsräumen wie Wien, München oder Zürich gibt es viele offene Stellen, die nur schwer besetzt werden können, während in ländlichen Gebieten oft ein Mangel an adäquaten Angeboten herrscht. Die Tendenz, dass die Metropolregionen daher zunehmend auch eine Konzentration an gefragten Talenten anziehen, erschwert es wiederum einzelnen spezialisierten Unternehmen in der Peripherie, passende Personen zu finden.
Job-Image als Problem
Ein häufig unterschätzter Aspekt ist die Attraktivität bestimmter Berufsfelder. Gerade in Pflegeberufen, im Handwerk oder in der Gastronomie gibt es viele offene Stellen, doch die Arbeitsbedingungen schrecken potenzielle Bewerber ab. Unternehmen, die in diesen Branchen tätig sind, müssen ihre Arbeitskultur verändern, stehen dabei allerdings unter erhöhtem wirtschaftlichem und regulatorischem Druck.
Lösungsansätze: Was wir unseren Kunden raten
Die gesamtgesellschaftlichen Herausforderungen sind somit umrissen, auf individualbetrieblicher Ebene braucht es ein Zusammenspiel verschiedener Maßnahmen:
Organigramm & Rollendefinition
Unternehmen sind angehalten, Ihre Organigramme zu modernisieren und an den langfristig bestehenden Fachkräftemangel anzupassen. Daraus ergibt sich oftmals ein neues Rollenverständnis und eine veränderte Identifikation von Schlüsselfunktionen.
(Re-)Qualifizierung neu denken
Investitionen in die Qualifizierung nicht nur bestehender, sondern neuer Mitarbeiter sind der Schlüssel, um den Mismatch zu reduzieren.
Arbeitgebermarke
Unternehmen müssen sich als attraktive Arbeitgeber positionieren und die Wünsche der neuen Generation verstehen.
Mobilität im Recruiting
Die Integration qualifizierter Fachkräfte aus anderen Regionen muss erleichtert werden, insbesondere in technischen Berufen. Durch finanzielle Anreize oder Unterstützung beim Umzug könnten Fachkräfte eher bereit sein, in andere Regionen zu wechseln.
Personality first
Durch einen Fokus auf die wesentlichen Power Skills und den Cultural Fit kann das Risiko bei Investitionen in die Einschulung, Integration und Qualifizierung stark reduziert werden.
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